Marburg – die Studentenstadt, mit ihren zahlreichen schiefen Fachwerkhäuschen und verwinkelten Gassen ist auf jeden Fall ein Besuch wert. Uns verschlug es im Dezember für einen Tagesausflug in diese schöne Stadt…
Marburg im Dezember
Ich war vor vielen Jahren schon mal in Marburg gewesen. Seit längerem wollte ich der Stadt an der Lahn wieder einen Besuch abstatten. Jetzt hatte es sich ergeben und neben ein bisschen Sightseeing, haben wir auch den Weihnachtsmarkt ausgiebig getestet. Zwischen all den Regentagen haben wir einen Tag erwischt, der zwar nicht besonders sonnig war, aber zumindest trocken. Marburg hat auf jeden Fall eine ganz besondere Atmosphäre: eine historische Altstadt mit vielen kleinen Gassen und Treppen, umgeben von Bergen mit dichten Wäldern, der Lahn und ein bisschen Märchenhaft ist es hier auch. Ein tolles Ziel für einen Tagesausflug (aber sicher auch für länger…)
Auf nach Marburg
Angereist sind wir von Darmstadt aus mit dem Zug zum Marburger Hauptbahnhof. Von dort aus sind es nur wenige Gehminuten bis zur ersten Attraktion – und zwar die Elisabethenkirche. Diese gilt als erste reine gotische Kirche Deutschlands, welche in einer Bauzeit von nicht einmal 50 Jahren errichtet wurde. Sie ist der heiligen Elisabeth gewidmet – auf deren Grab sie auch erbaut wurde. Der Besuch des Grabes soll heilende Wirkung haben – was zahlreiche Pilger anzog.
Die Südwest Seite der Kirche
Wer war eigentlich diese heilige Elisabeth? In Marburg stolpert man immer wieder über den Namen. Sie wurde 1207 in Ungarn als Prinzessin geboren. Sie gilt als Heilige der katholischen Kirche und im Mittelalter als „deutsche Nationalheilige“. Bereits mit 4 Jahren wurde sie nach Thüringen zu der Familie ihres zukünftigen Ehemanns gebracht. Dort fiel sie durch ihre Frömmigkeit, Sittsamkeit und Schönheit auf. Später unterstütze sie die Kirche und kümmerte sich selbst auch um Kranke, Bedürftige und besuchte Armenviertel. Sie spendete auch Geld für die Armen – was ihr damals immer wieder als verschwenderisch Verhalten negativ nachgesagt wurde.
Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie aus der Burg vertrieben und zog nach Marburg. Mit ihrem restlichen Vermögen gründete sie 1228 das Hospital in Marburg, wo sie selbst auch bis zu ihrem Tod (1231) Kranke und Bedürftige versorgte. Zahlreiche Wunder soll sie vollbracht haben und so setzte sofort ein Pilgerstrom zu ihrem Grab ein. 1235 wurde sie heilig gesprochen.
Mehr als nur eine Figur der heiligen Elisabeth zieren die Kirche innen und außen
Die Kirche kann ganz normal, kostenfrei betreten werden. Wer die Schätze im hinteren Teil besichtigen möchte, zahlt Eintritt.
Als besonders Sehenswert gelten die farbigen Glasfenster, die Szenen aus dem Leben Elisabeths zeigen
Direkt hinter der Kirche befindet sich das Deutschhaus. Es war ursprünglich das Wohnhaus des Deutschen Ordens und wurde um 1234 erbaut. Im Laufe der Jahre wurde es immer wieder umgebaut oder erweitert. Heute beherbergt es das Mineralogische Museum der Philipps-Universität Marburg.
Die hübsche Fachwerk Fassade des Deutschhauses
Gegenüber der Elisabethkirche – eine kleine Treppe hinauf – befindet sich die St. Michaelskapelle. Hier passt das graue Winterwetter besonders gut, denn die Kapelle mit ihrem kleinen, „wilden“ Friedhof scheint einem gruseligen alten Vampir-Film entsprungen zu sein. Die Kapelle, die 1270 erbaut wurde, wird von den Marburgern liebevoll „Michelchen“ genannt. Sie diente dem Elisabeth Hospital früher als Friedhofskapelle. Auf dem Friedhof findet man noch einige alte Gräber aus dem 16.-19. Jhd.
Still und scheinbar verlassen liegt die Kapelle inmitten der Stadt
Von dem kleinen Hügel, auf dem sich die Kapelle befindet, hat man einen schönen Blick auf die Elisabethenkirche
Marburger Grimm-Dich-Pfad
Fans von Märchen werden in Marburg viel Freude haben. Denn zwei der berühmtesten Marburger Studenten waren nämlich die Gebrüder Grimm. Zwischen 1802 – 1806 ließen sich die beiden von der märchenhaften Stadt zu ihren zahlreichen Märchen inspirieren. 2009 würdigte man dies mit dem inzwischen beliebten „Grimm-Dich-Pfad“. Insgesamt 16 Stationen des Pfads – die an die verschiedenen Märchen angelehnt sind – sind auf die ganze Stadt verteilt und wecken den Sammlertrieb in uns. Tatsächlich haben wir nur 14 geschafft. Einen haben wir verpeilt (Asche auf unsere Häupter! Das war wohl zu viel Glühwein gewesen) und einen kann man nur in Kombination mit einer Führung besichtigen. Das Faltblatt mit mehr Infos zu den Stationen gibt es hier.
Als erstes erreichen wir die Skulpturen des Wolfs und der sieben Geißlein. Das bekannte Tiermärchen um den Wolf, der sich Einlass in das Haus der Ziege verschaffen will um die Geißlein zu fressen.
Auf der Mauer hängen die Geißlein und der Wolf friedlich neben einander ab
Eine weitere Station ist eine Figur des Froschkönigs, der die goldene Kugel der Prinzessin findet und von seinem Fluch befreit wird. Neben einem kleinen Weinlädle befindet sich – fast unauffällig – ein Korb mit einer Weinflasche und Brot. Diese Station ist natürlich dem Rotkäppchen gewidmet, welche auf dem Weg zu Ihrer Großmutter dem bösen Wolf begegnet.
Links Rotkäppchen und rechts der Froschkönig
Ein Blick auf die Altstadt – hier ist Weihnachten schon voll im Gange
Das Marburger Schloss
Unser nächstes Ziel führt uns eine Treppe hinauf zu dem imposanten Landgrafenschloss, welches auf dem Schlossberg rund 287m über der Stadt thront. Schon seit dem Jahre 1000 stand an dieser Stelle bereits eine Burg. Das Schloss, so wie wir es heute kennen, stammt aus dem 13. Jhd und wurde von dem Landgraf Heinrich I. errichtet. Der große Saal im Inneren des Schlosses mit rund 420 Quadratmetern gilt als der größte gotische Saal Deutschland. Ansonsten befindet sich im Inneren ein Museum, die die vor- und frühgeschichtliche Abteilung der Universität und volkskundliche Sammlungen beherbergt. (Eintritt rund 5 €)
Es geht bergauf!
Auch hier lassen sich Stationen des Grimm-Dich-Pfads finden. Auf dem Weg bergauf entdecken wir an der Mauer einen großen Spiegel. Und zwar den „sprechenden“ Spiegel aus Schneewittchen, den die bösen Königin immer wieder über ihrer Schönheit befragt. Nur einige Meter weiter stolpern wir über einen roten Pump, den Aschenputtel in den Weinbergen unterhalb des Schloss verloren hat. Scheinbar hat der Prinz ihn hier noch nicht gefunden.
Links: ein ganz schön großer Schuh! Rechts: schnell noch einen Blick in den Spiegel geworfen
Dieses Tor scheint auch direkt aus einem Märchen zu stammen
Dann sind wir beim Schloss angekommen. Das Gelände rund um das Schloss kann kostenfrei besichtigt werden. Von hier oben hat man natürlich eine großartige Sicht über die Stadt.
Hübsche Details um das Schloss herum
Über den Dächern von Marburg
Ein hübsches Relief im Innenhof des Schlosses
Nordwestlich vom Schloss befindet sich der Hexenturm. Er diente früher als Geschützturm zur Sicherung des Schlosses. Ursprünglich hatte er mal 4 Stockwerke – die zwei unteren wurden im Laufe des 17. Jhd zugeschüttet. Später wurde der Turm dann als Gefängnis genutzt, weswegen die Fenster vergittert wurden. Heute kann der Turm nur im Zuge einer Führung besichtigt werden.
Tatsächlich kommt auch noch ein wenig die Sonne hervor
Der sehr hübsche Eingang des hessischen Stipendiatenanstalt
Das Schloss aus dem Schlossgarten aus
Im Westen des Schlosses befindet sich der Schlosspark. Seit dem 20. Jhd wurde diese Fläche von der Stadt Marburg als Parkanlage ausgebaut. Hier gibt es einen Meteorologischen Turm, eine Freilichtbühne, eine Boulebahn, mehrere verschiedene Gärten, wie z.B. einen Rosengarten. Im Sommer ist der Park bestimmt ein hübscher Ort um ein wenig Zeit im grünen zu verbringen – im Winter war er jetzt natürlich etwas kahl.
Das Schloss wurde ausgiebig erkundet und es geht weiter. Für uns über die Ludwig-Bickell-Treppe zurück runter in die Stadt. Hier wartet bereits eine weitere Station des Grimm-Dich-Pfads auf uns: ein Zitat von Jakob Grimm. Es kann nur von unten mit dem Blick nach oben entdeckt werden.
„Ich glaube es sind mehr Treppen auf den Straßen als in den Häusern“ – da hat er wohl recht!
Die historische Altstadt von Marburg
Wir folgen der Treppe weiter Richtung Altstadt zurück und kommen an der Lutherische Pfarrkirche St. Marien vorbei. Um 1200 wurde diese als romanische Kirche errichtet und im 14. und 15. Jhd wurde sie nochmal großzügig erweitert. Ihr besonderes Merkmal ist der 1473 erbaute Turm, der (auch heute noch) eine schiefe Spitze hat.
Auf dem Bild versteckt sich die schiefe Turmspitze sehr gut
Im Inneren der Pfarrkirche
Von dem Platz vor der Kirche hat man wieder eine schöne Aussicht auf die Stadt
Wirft man von dem Platz vor der Kirche einen Blick auf die umliegenden Häuser, kann man die nächste Grimm-Dich-Pfad Station entdecken: Das Lebkuchenhaus aus Hänsel und Gretel, in welchem die Hexe schon auf die Beiden warten.
scheinbar wurde es oben links auch schon angeknabbert
Es geht eine weitere Treppen nach unten und wir folgend dem Rübenstein Weg zu unserem nächsten Ziel. Dieser Weg ist wirklich unglaublich putzig – man hat das Gefühl, man hat sich in den Vorgärten kleiner Häuser verirrt.
die Schönheit dieser Ecke kommt auf den Fotos leider gar nicht rüber
Einmal um die Ecke gebogen erwarten uns wieder zwei Stationen des Grimm-Dich-Pfads: Das Wohnhaus von Jakob Grimm. Während seines Studiums der Rechtswissenschaft lebte er hier für ein Jahr (1802 – 1803) unter dem Dach in einem Zimmer (Barfüßerstraße 35). Als sein Bruder Wilhelm ihm ein Jahr später folgte, zogen sie gemeinsam in die praktisch um die Ecke liegende Wendelgasse 4. Gegenüber dieses Wohnhauses befindet sich heute ein historischer Stadtplan aus der Studienzeit der Grimms.
Links: das Wohnhaus der beiden Grimms, rechts: der historische Stadtplan
Generell lohnt sich ein spaziergang durch die Barfüßerstraße, die Wendelgasse und die kleinen Straße in der Altstadt. In der Barfüßerstraße ist es belebt mit viele kleine Geschäfte, Boutiquen und Restaurants. Die kleine Wendelgasse führt über eine putzige Treppe, die in einer engen Wendeltreppe bei der Lutherische Pfarrkirche endet.
Die Wendeltreppe, blick abwärts
Wer wird denn da so ein Gesicht machen?
Der Marktplatz von Marburg
Als nächstes erreichen wir ein weiteres, kleines Highlight von Marburg: den Marktplatz. Er ist umgeben von hübschen Häusern reicher Bürger aus dem späten Mittelalter – meistens im Fachwerkbau. Heute ist er ein zentraler Treffpunkt mit Cafes und Restaurants und im Dezember findet hier auch der Weihnachtsmarkt statt. Er ist in zwei Teilen aufgeteilt: der verengte Obermarkt und der weitere Untermarkt vor dem Rathaus.
er hat ja fast was romantisches, der Marktplatz
Das dampf Riesenrad – mit electrischem Licht – da sind wir gespannt
Unschwer zu übersehen sind die 7 Fliegen – eine weitere Grimm-Dich-Pfad Station. Diese gehören natürlich zum tapferen Schneiderlei, der alle 7 auf einen Streich erwischte, was ihn schließlich in die Welt hinaus bringt.
Diese 7 Fliegen wurden bisher noch nicht erwischt
Ein wirklich beeindruckendes Gebäude am Marktplatz ist das historische Rathaus. Es wurde 1511 – 1526 erbaut. Zunächst war es den Marburgern aber zu schlicht – also wurde 1581 noch der Renaissance Turm mit der Uhr angebaut. Auf dem Turm befindet sich ein kleiner Hahn, der zu jeder vollen Stunde seine Flügel hebt.
Der Renaissance Turm hat dem Rathaus zu was besonderem gemacht
Viele hübsche Details rund um die Uhr des Turms
ein süßes Details: der Hahn hebt ganz dezent die Flügel
Hübsche Gebäude rund um den Marktplatz
In der Mitte des Marktplatzes befindet sich der Marktbrunnen mit einer Reiterfigur – zu Weihnachten festlich geschmückt
Blick auf den Unteren Markt mit Rathaus
Ein weiteres nennenswertes Haus am Marktplatz ist das Marburger Haus der Romantik – welches ebenfalls zum Grimm-Dich-Pfad gehört. Im Inneren befindet sich ein Museum über die Geschichte der Romantik, mit regelmäßigen Lesungen und Vorträge.
Der Marktplatz als Gusseiserne Miniatur
Ein wenig amüsiert hast uns der Oberstadt-Aufzug, von dem man bequem von der Unterstadt in die
historische Oberstadt kommt.
Für uns ging es auch langsam abwärts zu der alten Universität. Das ehem. Kloster wurde 1527 im Zuge der Reformation geschlossen. Die Gebäude wurden anschließend für die damals neugegründete Universität genutzt. Ein Teil wurde um 1872 allerdings abgerissen und ein Neubau im neogotischen Stil wurde errichtet. Erhalten blieb allerdings die ehemalige Klosterkirche. Da das damalige Kloster zu einem Bettelorden gehörte, hatte die Kirche keine Turm.
die alte Universität neben Fachwerk
Im inneren der Klosterkirche
An der Fassade der Klosterkirche entdecken wir wieder eine Station des Grimm-Dich-Pfads und zwar ein Bild zu dem Märchen Sterntaler. Es zeigt das arme Waisenkind, welches die herabfallenden Silbertaler mit ihrem Hemdchen auffängt.
Im Dunkeln ist das Bild beleuchtet
Auf dem Platz vor der Universität sind verschiedene „Bücher“ verteilt
Von dem Platz bei der Universität hat man einen guten Blick auf den Kaiser-Wilhelm-Turm – im Volksmund Spiegelslustturm genannt. Man könnte den Eindruck gewinnen, er wäre der Turm aus dem Märchen Rapunzel. In dem 36m hohe Turm versteckt sich aber kein Mädchen – er ist Aussichtsturm, von dem man einen grandiosen Panoramablick auf die Stadt haben muss.
ein märchenhafter Turm in den Wäldern Marburgs
Sonnenuntergang in Marburg
Als letzte Sightseeing und Grimm-Dich-Pfad Station wartete das Relief der Schwestern Schneeweisschen & Rosenrot an einer Mauer auf uns.
Marburger Weihnachtsmärkte
Nach so vielem auf und ab und Treppensteigen, hatten wir uns ein paar Leckereien verdient. Der Duft von leckerem Essen und Glühwein auf dem Marktplatz hatte uns schon bei Tageslicht in seinen Bann gezogen. Als es dann aber schließlich dunkel wird, haben die Lichter der mittelalterlichen Stadt nochmal ein ganz besonderes Flair verpasst. Neben dem Weihnachtsmarkt am Marktplatz gibt es noch einen weiteren Markt an der Elisabethkirche.
Eine wunderbar festliche Kulisse am Marktplatz
Während es bei der Kirche ein gefühlt abwechslungsreicheres Angebot – auch mit Schmuck und Handwerksständen gab, überzeugt der Markt am Marktplatz mit der großartigen Kulisse. So oder so – beide sind einen Besuch wert und wir haben den ein oder anderen Glühwein genossen, bevor es mit dem Zug wieder zurück nach Hause ging.
Jetzt auch mit electrischem Licht!
Frohe Weihnachten!