Als nächstes wollte ich mal etwas wandern gehen und dafür bot sich die Insel Reichenau an – also habe ich mich auf den Weg gemacht und meine Wanderschuhe geschnürt.
Die Insel Reichenau ist die größte Insel des Bodensees und liegt im Untersee. Sie hat eine Länge von ungefähr 4,5km und eine Breite von max 1,5 km. Die Insel ist der Endpunkt der Deutschen Alleenstraße, die von Rügen bis hier her eine länge von 2.900km hat. Bei meiner Recherche ist mir schnell aufgefallen, dass die Insel von vielen für einen Besuch empfohlen wird. Zunächst war ich etwas verwundert, da ich auf den ersten Blick nicht entdecken konnte, was so spannend an der Insel sein soll. Spätestens bei meinem Besuch wurde es aber klar: die Insel Reichenau ist eine wunderschöne kleine Welt für sich.
Rund um die Insel befindet sich ein großes Naturschutzgebiet mit zahlreiche Wege am Ufer entlang, die mit hübsche Aussichten winken. Zwischen Bäumen und Schilfrohr kann man einen Blick auf das im Sonnenlicht glitzernde Wasser werfen und selbst das Zentrum wirkt einfach… idyllisch. Für Besucher bieten sich zahlreiche Möglichkeiten: Wanderer „erklimmen“ den Aussichtspunkt Hochwart für eine schöne Aussicht, Fahrradfahrer fahren gemütlich zwischen den Gemüsefeldern entlang und natürlich kommen auch Segler und Kanufahrer auf ihre Kosten. Aber auch die Kultur muss nicht zu kurz kommen, denn nicht ohne Grund wurde die Klosterinsel Reichenau zum Weltkulturerbe ernannt.
Die Kirche Sankt Peter und Paul vom Wasser aus
So idyllisch kann die Insel Reichenau sein
Wandern auf der Insel Reichenau
Mein Plan war es, die Insel Reichenau einmal zu umrunden (so plus minus) – sie ist vielleicht die größte Insel des Bodensees, aber mit 4,5km länge auch nicht so richtig groß. Für die Wanderung habe ich mich an dieser Route orientiert, aber an der ein oder anderen Stelle bin ich anders gelaufen, damit ich mir das Beste rauspicken konnte. Zum Beispiel habe ich die Wanderung an der Sankt Peter & Paul Kirche begonnen und nicht in Lindenbühl, ebenso habe ich den Hügel Hochwart mitgenommen und einen Abstecher in die Stadtmitte gemacht – dazu aber im Bericht mehr. Insgesamt hat mir die Umrundung sehr gut gefallen – es gibt immer wieder Plätze, die zu einer kleinen Pause einladen und auch an Fotomotiven hat es nicht gemangelt.
Kilometer: 12,15 km
Dauer gesamt: 2:40 (inkl. kleiner Pausen und Fotostops)
Aufstieg & Abstieg gesamt: ca je 60m
Markierung: keine Markierung
(gemessen mit einer Tracking App)
Blauer Himmel, türkises Wasser und grüne Pflanzen – was kann man sich auf dieser Wanderung mehr wünschen?!
Unweit der Sankt Peter & Paul Kirche habe ich auf einem Parkplatz geparkt. Wie fast überall am Bodensee ist der Parkplatz kostenpflichtig, also füttere ich den Automaten fleißig mit Kleingeld, da ich noch nicht weiß, wie lange ich unterwegs sein würde. Die Kirche selbst hebe ich mir für den Rückweg auf und beginne direkt mit meiner Wanderung Richtung Süden. Ich nutze die erste Gelegenheit um Richtung Wasser abzubiegen und spaziere erstmal hier entlang. Den Weg halte ich bis ich den Campingplatz Sandseele erreiche – von hier aus biege ich auf die vorgesehene Route ab. Der Abschnitt gehörte zu meinen Favoriten auf der Route und ich bin froh, dass ich die Tour entsprechend angepasst habe.
Idyllisch, oder?
Hübsche Blumen auf der Insel Reichenau
Zwischendrin folgt ein Abschnitt, der nicht schlecht, aber auch ein wenig unspannend war. Die Route folgt der normalen Straße entlang – daneben sieht man zahlreiche Gewächshäuser. Die Insel Reichenau ist bekannt für ihren Anbau von Gemüse, Obst, zahlreiche Kräuterstorten und natürlich Wein. Angebaut wird in eben diesen Gewächshäusern, aber auch auf offenem Feld. Der Bodensee erfreut sich, dank des Alpenföhns, einem angenehm mildem Klima, der ideale Bedingungen für den Anbau schafft.
Gewächshäuser sieht man einige auf Reichenau
Mein Weg führt mich an dem Schloss Königsegg vorbei. Das Schloss wurde im 16. Jhd durch die Reichsgrafen von Königsegg errichtet und im 17. Jhd an das Kloster Beuron abgegeben. Diese haben das Schloss nochmal umgebaut. Bis ins 19. Jhd blieb es im Besitz des Ordens, bevor es dann mehrfach den Besitzer wechselte und 1983 von der Gemeine Reichenau übernommen wurde. Heute befindet sich hier eine Schule für Logopädie und im Sommer finden hier jedes Jahr Freilichtspiele im Schlosspark statt.
Das Aussehen, wie wir es heute sehen können, hat das Schloss 1840 erhalten
Kleine Pause auf dem Hügel Hochwart
Hier verlasse ich wieder die eigentliche Route denn ich möchte dem Berg Hochwart einen Besuch abstatten. Naja, Berg ist übertrieben – er ist zwar der höchste Punkt der Insel, aber mit seinen 441m über dem Meeresspiegel ist er lediglich 40m höher als die restliche Insel Reichenau. So konnte ich den Aussichtspunkt schnell erreichen und die Aussicht genießen. Von hier oben hat man eine schöne Aussicht auf den Untersee und bei gutem Wetter kann man bis zu den Schweizer Alpen sehen. Ansonsten befindet sich hier das kleines Teehäuschen Werkgalerie Hochwart, das als Keramikatelier dient, gleichzeitig aber auch ein Cafe ist. Mehrere Sitzbänke laden zu einer kleinen Pause ein. Ich gönne mir auch einen kleinen Stop und genieße die schöne Aussicht.
Das Teehäuschen wurde 1839 errichtet
Eine schöne Aussicht über den Untersee
Nach der kleinen Pause verlasse ich die Weinberge langsam wieder und stoße zurück auf die normale Route. Ich passiere zwar wieder „besiedelte Gefilde“, aber trotzdem bleibt alles ruhig und gemütlich. Die normale Route würde an dieser Stelle eigentlich Richtung Festland weitergehen. Hier kürze ich aber auch wieder ab und gehe zu meinem nächsten Stop. Viel zu schreiben gibt es hier eigentlich nicht, aber ich lasse mal ein paar Bilder sprechen:
Schon ziemlich cool – ein Haus direkt zwischen Blumen und Bäumen
Braucht jemand Walnüsse? Tomaten waren wohl schon aus ;-)
Määäähääää!
Ich erreiche meine erste Kirche für diese Wanderung: die St. Georg Kirche. Sie wurde im 9. Jhd als Basilika errichtet. Sie besitzt eine unterirdischen Krypta, in der sich ein Schädelstück des Heiligen Georg befindet. Bekannt ist die Kirche für ihre schönen Wandmalereien im Inneren, die während der ottonischer Zeit entstanden sind. Wegen ihrem guten Erhaltungszustandes gehört sie zu den bedeutendsten frühmittelalterlichen Bauwerken nördlich der Alpen. Während der Sommermonaten (Mai – September) soll der Zugang aus Erhaltungsgründen nur im Rahmen einer Führung möglich sein. Ich habe die Kirche im September besucht und konnte ohne Führung einen Blick hineinwerfen. Im Inneren wurde fleißig restauriert, sodass eine Seite im Kircheninneren von Gerüsten verdeckt wurde. Zum Glück blieb noch die andere Seite um sich einen Eindruck von der Wandmalerei zu machen.
Die St. Georg Kirche
Die Malereien stellen die acht Wundertaten Jesus dar
Die Stadtmitte von Reichenau
Ich setze meinen Weg fort, der mich weiterhin am Ufer der Insel Reichenau entlang führt. Auf meinem Weg passiere ich hübsche Grünflächen, aber auch gemütlich aussehende Häuschen. Da ich mir noch das Zentrum ansehen wollte, verlasse ich den Weg am Ufer und mache einen Abstecher zum Ergat. Hier war früher der Versammlungsplatz und auch Mittelpunkt der damaligen Siedlung, die südlich des Klosters im Laufe der Zeit entstand. Hier steht auch eine alte Gerichtslinde – dabei handelt es sich um sehr alte Bäume, die Platz einer historischen Gerichtsstätte waren und häufig den Dorfmittelpunkt darstellten.
Das Museum im alten historischen Rathaus
Ansonsten befindet sich hier auch das Museum Reichenau, welches sich im historischen Rathaus – einem der ältesten Fachwerkhäuser Süddeutschlands aus dem 12. Jhd, mit einem Obergeschoss aus dem 15. Jhd – befindet. Es wurde 1982 als Heimatmuseum eröffnet mit den Schwerpunkten bürgerlichem Leben, Weinbau, Naturkunde und Landwirtschaft. Insgesamt verfügt die Insel über vier Museumsgebäude – neben dem historischen Rathaus, findet man auch in den drei Kirchen (St. Georg, St. Peter und Paul und Münster St. Maria und Markus) Informationen – eher mit dem Schwerpunkt Klostergeschichte – rund um die Insel Reichenau.
Die gewaltige Gerichtslinde der Insel Reichenau
Von hier aus ist es nicht mehr weit zum Münster St. Maria und Markus. Die ehm. Benediktiner-Klosterkirche, die früher die Abteikirche des bedeutenden Kloster Reichenau war, wird heute als katholische Pfarrkirche geführt. Sie ist die größte der drei Kirchen der Insel. Die erste Klosterkirche aus Holz an dieser Stelle wurde wohl schon im Jahre 724 errichtet. Von diesem Bau sind heute nur noch unterirdische Spuren erhalten geblieben. Die erste Kirche wurde schnell zu klein und es folgte kurz darauf ein etwa 40 m langen Neubau aus Stein. Es wurden auch noch weitere Gebäude, wie ein Mönchshaus errichtet, die aber auch im 9. Jhd erweitert werden mussten, denn das Kloster zählte schon 134 Mönche. Nach dem Niedergang der Abtei wurde diese von Abt Friedrich von Wartenberg übernommen und man begann im 15. Jhd mit dem Bau des gotischen Chors, welcher aber erst 1555 vollendet werden konnte. Das Kloster wurde 1757 aufgelöst. Die Neuen Konvents Gebäude beherbergen heute ein Pfarrhaus und den Sitz der Gemeindeverwaltung. Es gibt eine Schatzkammer, die zahlreiche Reliquien und Kulturgegenstände aus dem 5.-18. Jhd enthält.
Der Münster St. Maria und Markus
Im großen Keller wird sogar vom Winzerverein der Reichenauer Wein gekeltert
Der Münster St. Maria und Markus von Innen
Auf der Rückseite befindet sich ein kleiner Kräutergarten, der frei besichtigt werden kann. Der kleine Garten wurde 1991 nach der historischen Vorlage von Walahfrid Strabo komplett neu angelegt. Der ursprüngliche Garten wurde im 9. Jhd errichtet. Der Abt Walahfrid Strabo schrieb zwischen 830-840 das Lehrgedicht „De cultura hortorum“, in dem er ausführlich über den Kräutergarten des Klosters berichtete.
Der kleine, aber hübsche Klostergarten
Hübsche Aussichten auf der Insel Reichenau
Am Uferweg entlang zur St. Peter & Paul Kirche
Vom Kräutergarten war es nicht weit zum Yachthafen Herrenbrücke. Hier beginnt der Uferweg, der über einen idyllischen Weg am Nordufer der Insel entlang führt.
Der Yachthafen Herrenbrücke
Überall auf Reichenau findet man diese kleinen Buchten mit kleinen Booten der Einheimischen – kriege ich ärger wenn ich nochmal das Wort „idyllisch“ benutze?
Der gemütliche, schmale Uferweg führt mich zum Ende meiner Route
Langsam werde ich auch etwas müde und vor allem hungrig! Meine Wanderung neigt sich dem Ende und ich finde, ich habe mir eine Stärkung verdient. Daher kehre ich in die Strandbad Reichenau Pier 5 ein. Hier sitzt man total entspannt auf der Terrasse, hat eine hübsche Aussicht auf den Bodensee und kann dabei sein leckeres Essen verputzen. Für mich gibt es ganz kreativ eine Pizza. Mmmh. Lecker – einen Besuch kann ich hier empfehlen.
Die hübsche Aussenterrasse der Strandbar
Jetzt gibt es erstmal eine kleine Stärkung
Von hier aus waren es keine 2km mehr bis zu meinem nächsten und letzten Stop auf dieser Wanderung: die St. Peter und Paul Kirche. Dabei handelt es sich um eine romanische Säulenbasilika, die 799 durch den Bischof Egino von Verona errichtet wurde. Dieser zog sich nach seiner Amtsniederlegung hierher zurück, wo er auch 802 starb. Um 1080 musste der Bau nach zwei Bränden abgebrochen werden. Die Kirche wurde aber auf dem alten Fundament als querhauslose Säulenbasilika bis 1134 neu errichtet. Die zwei Türme sind im 15. Jhd dazu gekommen. Im Inneren ist die Kirche um 1750-1760 im Rokoko-Stil umgebaut worden. Erhalten geblieben sind aber die Säulenarkaden und eine hübsches Gemälde im Apsis.
Die St. Peter und Paul Kirche
Im Inneren der Kirche sieht man ein hübsche Apsisgemälde aus dem 11. Jhd
Zu der Kirche gehört auch ein Museumsraum, der den prächtigen Schmuck aus damaliger Zeit gut erahnen lässt und man kann auch noch allerlei interessante Informationen rund um die Kirche mitnehmen.
Ein Blick ins kleine Museum der St. Peter und Paul Kirche
Die Ruine Schopflen
Damit war meine Wanderung beendet und ich kehre zu meinem Auto zurück. Auf meinem Weg nach Hause mache ich aber noch einen Stop: Die Insel Reichenau ist mit dem Festland über eine lange Straße zu erreichen (Pirminstraße). Der Reichenauer Inseldamm wurde vor über 180 Jahren angelegt und wird von Pappelreihen gesäumten. Hier befinden sich die Überreste der Wasserburg, bzw. Ruine Schopflen. Ursprünglich konnte man sie nur über einen schmalen Flachwasserbereich zugänglich, da sie sonst von tiefem Wasser umgegeben war. 1838 wurde der Reichenauer Damm aufgeschüttete und die Burg wurde so direkt vom Land erreichbar. Die ersten Bauten an dieser Stelle waren wohl schon aus dem 11. Jhd. Sie wurden von den Äbten des Klosters Reichenau errichtet, die zwischen 1260 – 1294 ihren Sitz hier hatten. Damit konnte die Sicherung des Zugangs zwischen Insel und Festland während des Niedrigwassers gesichert werden. Während des Konstanzer Fischerkrieg 1366 wurde die Burg größtenteils zerstört.
Die Pirminstraße und die Ruine Schopflen
Die Ruine macht erstmal keinen so spektakulären Eindruck…
Das noch heute erhaltene Mauerwerk hat eine Höhe von bis zu 9m. Früher hatte die Burg wohl eine Höhe von 13-15m. Außerdem war sie wohl von einer hölzernen Wehrmauer umgeben. Heute befindet sich im Inneren eine Beobachtungsplattform der Vogelwarte Radolfzell, die über eine Treppe erreicht werden kann. Zu sehen gibt es tatsächlich relativ wenig – genaugenommen nur das Mauerwerk – aber die Aussicht ist ganz hübsch. Damit endete mein Besuch auf der Insel Reichenau und zufrieden ging es für mich wieder zurück Richtung Unterkunft.
…aber die Aussicht ist ganz hübsch